Kapelle und Gruft der Brauereifamilie König
Es gehört neben Kohle und Stahl wohl zu den bekanntesten Exportschlagern aus Duisburg: Bier der Brauerei König, die ihren Sitz im Duisburger Stadtteil Beeck hat. Gegründet wurde sie von Theodor König, dem 1825 geborenen Sohn eines wohlhabenden westfälischen Bauern. Erste Erfahrungen im Bierbrauen machte er in einer kleinen Hofbrauerei, bevor er sich entschloss, das Brauerhandwerk von der Pike auf zu erlernen und sich dazu auf Wanderschaft begab. In Süddeutschland und Österreich lernte er das aus Böhmen stammende Pilsener kennen, das nach einem anderen Verfahren gebraut wurde als die obergärigen Biere im Rheinland und in Westfalen. Mit diesem Wissen im Gepäck, fand Theodor König 1855 eine Anstellung an einer kleinen Privatbrauerei in Beeck, bevor er drei Jahre später eine eigene Konzession erhielt und eine Brauerei gründete. Der Standort am nordwestlichen Rande des Ruhrgebiets war gut gewählt, befand sich die Region in der Mitte des 19. Jahrhunderts doch in einer wirtschaftlichen Blütezeit. Die zahlreichen Arbeiter, die auf den Zechen und Eisenhütten beschäftigt waren, hatten nach dem anstrengenden Arbeitstag großen Durst – die Brauerei wuchs rasant und wurde schnell zu einem wichtigen Arbeitgeber in der Region.
Das Ruhrgebiet des 19. Jahrhunderts bot zahlreichen Unternehmern den Nährboden für gute Geschäfte und persönlichen Wohlstand. Bis heute haben sie ihre Spuren zwischen Duisburg und Dortmund hinterlassen – und diese sind nicht immer rein industrieller Natur. Theodor König stiftete die Theodor-Kapelle auf dem Abteifriedhof Hamborn zum Gedenken an seine früh verstorbene Frau – und mit dieser Idee einer kirchlichen Stiftung war er nicht allein. Zahlreiche Kirchtürme schossen zwischen den Fördertürmen der Zechen und den Hochöfen der Eisenhütten gen Himmel. Dies lag in der starken Zuwanderungsbewegung ins Ruhrgebiet des 19. Jahrhunderts begründet: In die seit einigen Jahrhunderten protestantisch dominierten Ruhrgebietsstädte strömten verstärkt Menschen katholischen Glaubens – und für sie wurden neue Gotteshäuser notwendig. Unternehmer unterstützen den Bau neuer Kirchen beider Konfessionen mit großen finanziellen Zuwendungen.
Mit der Förderung dieser Kirchbauten wurden seitens der Unternehmerfamilien verschiedene Zwecke verfolgt: Einerseits boten die neuen Kirchengemeinden sozialen Halt und Unterstützung für die neu zugezogenen Arbeiter und ihre Familien. Anderseits durfte man sich als Unternehmer sicher sein, dass die Arbeiter, die in Kirchengemeinden gut integriert waren, nicht so schnell der Arbeiterbewegung beitreten und den Unternehmern Schwierigkeiten bereiten würden.
In Duisburg-Bruckhausen stellte August Thyssen für den Bau der Kirche Liebfrauen sowohl finanzielle Unterstützung als auch Arbeitskräfte zur Verfügung. Diese Kirche wurde zwar von Thyssen unterstützt, sie ging jedoch nicht auf seine Idee zurück. Eine wachsende Zahl katholischer Bürger aus Bruckhausen hatte sich zuvor zu einem Verein zusammengeschlossen, dessen Zweck der Bau einer katholischen Kirche war. Diese neue Kirche sollte den Kirchgang deutlich verkürzen, mussten die Gläubigen doch sonst nach Hamborn oder Beeck, um dem Gottesdienst zu beizuwohnen. Der Pfarrer von Hamborn unterstützte das Anliegen und bereits 1901 wurde eine erste kleine Kirche geweiht. Ihr schlossen sich eine Schule, ein Kindergarten, Vereine und andere soziale Einrichtungen an und 1909 wurde die Gemeinde zur Pfarrei erhoben. Die kleine Kirche hatte bis 1915 Bestand und wurde dann durch den von Thyssen unterstützten Neubau ersetzt.
Spuren von August Thyssen kann man auch auf dem Abteifriedhof entdecken: Ein Teil der Friedhofsmauern, die das Areal bis heute umgeben, wurde von ihm gestiftet. Ursprünglich stiftete er die gesamte Mauer, doch die Ausweitung des Friedhofs führte zum Abriss einiger Abschnitte. Angeblich unterstützte Thyssen den Bau der Mauer aufgrund eigener Beichte: Als der Unternehmer seinen Beichtvater nach der Buße fragte, soll dieser „En Stücksken Mur würd noch fehlen!“ (Plattdeutsch: Ein Stückchen Mauer würde noch fehlen) geantwortet haben.
Übrigens werden die Unterstützungsmaßnahmen im Kirchenbau seitens der Industriellen des 19. Jahrhunderts in Kirchenkreisen durchaus kritisch gesehen. So waren an die finanziellen Zuwendungen nicht selten Konditionen mit einer langen – mit anderen Worten: einer ewigen – Geltungsdauer geknüpft. Sprach ein Unternehmer damals der Kirche ein Grundstück zur ewiglich kirchlichen Nutzung zu, so hat dies heute zur Konsequenz, dass das Bistum das Grundstück nicht veräußern darf – ein schwerwiegendes Problem in Zeiten knapper Kassen.