Letzte Ruhestätte für stillgeborene Kinder
In allen Lebenslagen wandten und wenden sich Menschen an Maria, die Muttergottes. Bei ihr suchen sie Schutz und Unterstützung in schweren Stunden. Maria ist die Schutzpatronin vieler Personengruppen, Städte, Länder und Bistümer. So auch des Bistums Essen, zu dem auch Duisburg gehört. Maria in der Gestalt der Goldenen Madonna ist heute die Schutzpatronin des Ruhrbistums. Im Mittelalter hatten sich die Essener Stiftsfrauen ihrem Schutz unterstellt. Deutlich wird ihre Schutzfunktion auch in Darstellungen der Schutzmantelmadonna. Maria breitet ihren Mantel aus und gewährt allen Gläubigen darunter ihren Schutz und ihre Fürsorge. Obwohl die Statue des Bildhauers Joseph Krautwald († 2003) im Mariengarten des Abteifriedhofs ursprünglich nicht für diesen Platz geschaffen wurde, symbolisiert die Darstellung Mariens als liebende Mutter genau an dieser Stelle doch auch die Aufnahme der dort bestatteten Kinder und Babys in ihre Obhut.
Um die Marienskulptur herum sind zwölf Kindergräber angeordnet. Die Anzahl der Gräber ist wohldurchdacht und hat ihren Ursprung in einer bestimmten Stelle in der Bibel: „Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt.“ (Offb. 12, 1). Voller Symbolik sind auch die Pflanzen, die den Mariengarten zieren. Sie alle stehen in direktem Zusammenhang mit der Muttergottes: Lilien und Rosen sind sicherlich die Blumen, die mit Maria immer wieder in Verbindung gebracht werden. Seit dem Mittelalter tauchen sie häufig in bildlichen Darstellungen auf. Die Rose sticht aus allen Blumen hervor – wie Maria aus allen Frauen als Gottesmutter. Weiße Rosen symbolisieren die Jungfräulichkeit Mariens, Rote ihre Anteilname am Leiden Jesu. Eine geläufige Darstellung ist die „Maria im Rosenhag (Rosengarten)“: Maria sitzt – oft begleitet von diversen heiligen Frauen – in einem geschlossenen Garten, umgeben von Rosen und anderen Blumen. Dieser Garten spielt unter anderem auf den Paradiesgarten an, den Adam und Eva nach dem Biss in die Frucht des Erkenntnisbaums verlassen mussten. Maria in ihrer Reinheit kann das verschlossene Paradies wieder öffnen. Auch die gelben Lilien findet sich im Hamborner Mariengarten wieder. Die Lilie, die bereits im Hohelied Erwähnung fand, verweist mit heller Farbe auf die Reinheit Mariens. Stets ist sie dargestellt auf Bildern der Verkündigung an Maria. Hier wird ihr ihre Schwangerschaft durch den Erzengel Gabriel verkündet. Immer dargestellt ist eine weiße Lilie, die ihre Jungfräulichkeit symbolisiert. Neben Rose und Lilie finden sich auch Gänseblümchen, Walderdbeere und Veilchen im Mariengarten. Auch sie stehen in engem Bezug zu Muttergottes.
Außer blühenden Blumen werden wohlriechende Kräuter mit Maria assoziiert. Sie erinnern an Mariä Himmelfahrt (15. August), einen Tag, an dem auch heute noch Kräuterweihen vorgenommen werden. Der Zusammenhang zwischen den Kräutern und Maria liegt in der seit dem 5. beziehungsweise 7. Jahrhundert bestehenden Annahme begründet, dass Maria nach ihrem Tod leiblich in den Himmel aufgenommen worden sei. Die Bibel selbst berichtet wörtlich nichts von dieser leiblichen Aufnahme. Als jedoch die Jünger später das Grab Mariens geöffnet hätten, sei es leer, aber von einem Duft nach herrlichen Kräutern erfüllt gewesen. Die Gestaltung des Abteifriedhofs ist in stetigem Fluss, vielleicht finden zukünftig also auch Kräuter einen Platz im Mariengarten.
Neben den zahlreichen Blumen im Mariengarten findet sich an der nördlichen Seite des Grabfeldes noch ein Baum, der einen zweiten Blick verdient. In seinen Ästen hängen silberne Sterne. Jeder von ihnen steht für ein still geborenes, also nicht lebend geborenes Kind, das hier seine Ruhestätte fand.